Nachhaltigkeits- & Resale Report
Inhalt
momox fashion als Vorreiter einer nachhaltigen Modeindustrie
Die Marke momox steht für Nachhaltigkeit. Wir kaufen gebrauchte Produkte zu fairen Festpreisen, unterziehen sie einer sorgfältigen Qualitätsprüfung und verkaufen sie weiter. So schenken wir gut erhaltenen gebrauchten Produkten ein zweites, drittes oder viertes Leben. Die Begeisterung unserer Kund:innen für dieses inhärent nachhaltige Geschäftsmodell verstehen wir als Verpflichtung, uns in allen Bereichen unseres Unternehmens und in unserem Umfeld für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen.
Schon seit 2004 kauft momox gebrauchte Bücher, CDs, DVDs, Spiele und andere Medienartikel. 2014 haben wir unser Sortiment um gebrauchte Kleidung erweitert (momox fashion, vormals ubup). Damit haben wir uns einer Branche angenommen, der es trotz ernsthafter Bemühungen um Nachhaltigkeit schwerfällt, ihre negativen Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Menschen einzudämmen. Die Herstellung von Kleidung ist höchst ressourcenintensiv, und anders als Bücher, für die es seit jeher einen Gebrauchtmarkt gibt, werden Textilien von vielen Menschen immer noch als Wegwerfartikel betrachtet und behandelt. Diese Haltung hat schwerwiegende Konsequenzen für die Welt, in der wir leben. Insgesamt gehört die Modeindustrie zu den größten Emittenten von Kohlendioxid (CO₂), das eine wesentliche Rolle bei der Klimakrise spielt. Aber diese Verbindlichkeit birgt auch eine Chance. Wenn es gelingt, die Nachhaltigkeit der Textilindustrie zu erhöhen, wird unsere Umwelt davon in erheblichen Maße profitieren. Wir verstehen uns dabei als Vorreiter, und wir sind bestrebt, auch unsere Kund:innen, Partner:innen und Wettbewerber:innen für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Dieser Bericht ist Ausdruck dieses Bestrebens.
Wir nähern uns dem Thema in drei Schritten:
• „Situation“: Die Nachhaltigkeit ist der Modeindustrie nicht in die Wiege gelegt; zu den größten Problemen zählen die Auswirkungen auf das Klima, die Belastung der Umwelt durch Abwasser und Abfälle sowie die Situation von Arbeiter:innen.
• „Complication“: Die derzeitige Covid-19-Pandemie stellt die Gesellschaft insgesamt und auch die Modebranche zwar vor große Herausforderungen, gibt in einigen Bereichen aber auch Anlass zur Hoffnung auf eine Trendwende.
• „Solution“: momox fashion ist dank seines Geschäftsmodells schon heute Teil der Lösung und wird seine Anstrengungen zur Erhöhung der Nachhaltigkeit der eigenen Geschäftstätigkeit und der gesamten Branche in Zukunft noch intensivieren.
„Situation“ – Die Modeindustrie als Teil des Problems
Die weltumspannenden Lieferketten der Modeindustrie sind komplex und teils intransparent, vom Anbau der Rohstoffe und deren Veredelung über die Produktion der Kleidung bis zur Logistik. Trotzdem besteht kein Zweifel an den negativen Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Menschen, insbesondere, aber nicht nur in den Produktionsländern.
Emissionen – Klimaeinfluss (CO₂) & Wasser- und Bodenverschmutzung
Die Produktion, der Vertrieb, die Nutzung und die Entsorgung von Kleidung sind energie- und emissionsintensiv. Darüber hinaus kann es bei einigen Produktionsschritten zu Verschmutzungen von Wasser und Böden kommen. In einigen Ländern gibt es inzwischen zwar Gesetze, die Produzenten zur Reinigung von Abwasser und zu umsichtigem Umgang mit Abfällen verpflichten, aber in vielen Ländern besteht hier noch großer Aufholbedarf. Der Großteil der Klimabelastung durch Mode entsteht in der Produktionsphase, die für 70% der gesamten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Insgesamt gehört die Textilbranche unter allen Industrien zu den größten Emittenten von CO₂; je nach Quelle und Berechnung verursacht sie 4-10% der weltweiten CO₂-Emissionen. Als sogenanntes Treibhausgas trägt CO₂ in erheblichem Maß zur menschengemachten Erderwärmung bei. Die negativen Umweltauswirkungen von Kleidung enden jedoch nicht mit deren Produktion. Auch der Vertrieb und selbst die Nutzung, insbesondere Wäsche und Reinigung, wirken sich in aller Regel ungünstig auf die Umwelt aus.Wasser & Chemikalien
Die Herstellung von Kleidung (Rohstoffanbau, Färben, Waschen, Veredeln) verbraucht sehr viel Wasser und verschiedene, teils giftige Chemikalien. Bei der Herstellung eines einzigen Baumwollshirts werden 2.700 Liter Wasser verbraucht. Die Produktion und Nutzung einer Jeans verbraucht fast 4.000 Liter. Insgesamt ist die Modeindustrie für 20% der Abwässer, das bedeutet durch Färbe-, Veredlungs- und Waschprozesse verunreinigtes Wasser, verantwortlich.Abfall & Materialien
Nicht nur die Produktionsweise der Modeindustrie, sondern auch die Art, wie wir als Konsument:innen mit ihren Erzeugnissen umgehen, hat vielfach ungünstige Auswirkungen auf die Biosphäre. Das gilt insbesondere für die sogenannte Linearwirtschaft. Damit ist die Entsorgung von Produkten nach Gebrauch gemeint. Wir entnehmen der Umwelt Ressourcen, die nur teilweise nachwachsen, und entsorgen Kleidung nach oft vergleichsweise kurzem Gebrauch. Aber die Ressourcen sind endlich, und der kurze Gebrauch steht in einem Missverhältnis zum Aufwand, den die Produktion mit sich bringt.Das Segment der „Fast Fashion“ mit seinen besonders kurzen Trendzyklen verschärft diese Problematik noch weiter. Innerhalb von elf Jahren (2000-2011) hat sich die durchschnittliche Anzahl der Kollektionen, die von europäischen Marken pro Jahr auf den Markt gebracht werden, mehr als verdoppelt. Einzelne Marken bringen inzwischen mehr als 20 Kollektionen pro Jahr und fast 1.000 neue Styles pro Woche heraus. Die so erzeugte Kleidung ist nicht besonders langlebig, und in aller Regel legen die Kund:innen darauf auch gar keinen Wert.
Abfall & Materialien
Ein Bericht aus dem Jahr 2016 zeigt, dass Verbraucher:innen ihre Kleidung nur noch halb so lange behalten wie vor 15 Jahren. Eine weitere Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass der Anteil gänzlich ungetragener Kleidung in den untersuchten Ländern zwischen 53 und 88% liegt. In Deutschland geben Verbraucher:innen an, dass sie zwei von drei gekauften Kleidungsstücken nie tragen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Fast-Fashion-Textilien wegen einer Mischung aus natürlichen und synthetischen Fasern nur schwer wiederverwertbar sind; der Aufwand für die Trennung und Reinigung der Materialien übersteigt häufig den Wert, der sich bei der Wiederverwendung schöpfen lässt.Jede Sekunde landet ein Müllwagen voll Kleidung auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen. Die Stadt Hamburg sah sich jüngst gezwungen, ihre Kleidercontainer für die Sammlung von Kleidungsstücken zurückziehen, weil sie die entsorgten Mengen nicht mehr verarbeiten konnte. Gleichzeitig sinkt die Qualität der gespendeten Artikel kontinuierlich. Laut Ellen MacArthur Foundation werden weniger als ein Prozent der gesammelten Artikel zu neuen Kleidungsstücken recycelt.
Abfall & Materialien
Nicht nur Klima und Umwelt, sondern auch Beschäftigte leiden unter der Art, wie Mode hergestellt, vertrieben und genutzt wird. Zu den größten Problemen zählen unfaire Löhne, gefährliche Arbeitsbedingungen und Ausbeutung bis hin zu Zwangs- und Kinderarbeit. Da es in den Produktionsländern häufig an entsprechenden Gesetzen mangelt, verdienen viele Arbeiter:innen so wenig, dass sie nicht vom Lohn ihrer Arbeit leben können. Viele sind außerdem giftigen Substanzen und anderen Gefahren ausgesetzt. Vor allem Frauen sind von diesen Bedingungen betroffen, da 80% der Arbeitenden in der Modebranche weiblich sind.Das Phänomen der prekären Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie hat mittlerweile sogar die Popkultur erreicht. In der Horror-Komödie „Slaxx“ von 2020 wird der heiß begehrte Stoff selbst zum Rächer einer Kinderarbeiterin. Die junge Regisseurin Elza Kephart sagt: „Es geht [in meinem Film] nicht nur um mörderische Hosen, sondern auch um die Botschaft dahinter. Die Fast-Fashion-Welt produziert unter besorgniserregenden Bedingungen Dinge, die wir nicht brauchen. Ich selbst kann mir zum Beispiel durchaus neue Kleidung leisten, aber ich entscheide mich, wann immer es geht, für Second Hand.”
In ihrer heutigen Form behindert die Modeindustrie also in vielen Bereichen die weltweiten Bemühungen um Nachhaltigkeit, wie sie unter anderem in den UN Sustainable Development Goals (SDGs) formuliert wurden. Wenn sich nichts ändert, wird es nach Meinung vieler Expert:innen bald zur unumkehrbaren Überschreitung der Planetaren Grenzen in Bereichen wie Landnutzung, Süßwasserverbrauch und Ozeanversauerung kommen. Mit anderen Worten: Wenn wir unsere Lebensgrundlage nicht zerstören wollen, müssen wir unser Verhalten ändern. Wegen ihres großen ökologischen Fußabdrucks gilt dieser Imperativ für die Modeindustrie in besonderem Maß.
„Complication“ – Die Auswirkungen der Pandemie
Die Covid-19-Pandemie hat viele Branchen hart getroffen. In der Modeindustrie sind die Auswirkungen besonders einschneidend. Viele Einzelhändler haben Insolvenz anmelden müssen, darunter Esprit, Appelrath & Cüpper, J.Crew und Brooks Brothers. Wegen der zeitweisen Schließung des Einzelhandels türmen sich in den Lagern von Herstellern und Händlern Waren. Nur der Wert der Frühjahrs- und Sommerkollektion 2020 wird weltweit auf 140 bis 160 Milliarden Euro geschätzt wird (Stand: Mai 2020). Viele Beschäftigte haben ihre Arbeit vorübergehend oder dauerhaft verloren. Die Pandemie hat auch die tief verwurzelten sozialen Ungerechtigkeiten, die massive Überproduktion von Kleidung und die komplexen Lieferketten offengelegt. Die Produktionsländer, die vor allem im globalen Süden liegen, und die dortigen Arbeitskräfte bekommen die Auswirkungen der Pandemie am stärksten zu spüren. Denn viele Modemarken weigern sich, bestellte und teils bereits produzierte Waren abzunehmen; der Wert dieser Stornierungen wird auf über 16 Milliarden Dollar geschätzt (Stand: Dezember 2020).
Gleichzeitig hat die Pandemie aber auch einen Bewusstseinswandel ausgelöst, der teils durchaus Anlass zur Hoffnung gibt. Laut einer weltweiten Accenture-Umfrage kaufen 60% der Verbraucher:innen seit dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 umweltfreundlicher, nachhaltiger oder sozial gerechter ein. 90% der Befragten sagen, dass sie dieses Verhalten auch in Zukunft beibehalten wollen. Auch eine Studie der Forschungsgruppe Kantar kommt zu dem Ergebnis, dass das Thema Nachhaltigkeit seit Beginn der Pandemie stärker in den Fokus von Verbraucher:innen gerückt ist. Melanie Hackler, Managing Director bei I:Collect, einem Anbieter von Recycling-Lösungen im Textilbereich, sagt: ”Ich glaube, dass wir durch die Krise nochmal einen wahnsinnigen Push erleben, dass ein größeres Verständnis und ein größerer Wille, eine größere Motivation da ist, das Thema voranzutreiben.”
Eine Umfrage unter deutschen momox fashion Kund:innen 2020 ergab zwar, dass die Mehrheit (57% ) ihr Einkaufsverhalten nicht geändert hat. Aber immerhin 29% kaufen nach eigener Aussage weniger Mode als zuvor; nur 8% kaufen mehr als vor Beginn der Krise. 16% der Teilnehmenden sagen, dass sie beim Einkauf die Umweltauswirkungen ihrer Entscheidungen berücksichtigen. Die überwiegende Mehrheit (91%) kauft nach eigener Aussage Second Hand. 56% kaufen keine Fast Fashion mehr, und 20% kaufen nur noch Kleidung von nachhaltigen Labels. Dazu passt eine Aussage von Max Schönemann, CEO von Rebelle, einer 2013 etablierten Plattform für gebrauchte Mode und Accessoires aus dem Luxus-Segment gegenüber dem Magazin Textilwirtschaft (Erscheinungsdatum 01.04.2021): „Die Menschen kaufen weniger, dafür aber stärker qualitativ hochwertige Stücke, die sie länger tragen.“ (Vgl. auch Studien von McKinsey und Accenture zum Verhalten von Verbraucher:innen in der Krise)
Die Pandemie verändert aber nicht nur die Art und die Anzahl der Waren, die gekauft werden. Auch die Vertriebswege ändern sich. Angesichts geschlossener Läden beschleunigt das Wachstum des Online-Handels sich weltweit (siehe u.a. "State of Fashion"). Beim ersten Hören klingt das unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit nach einer schlechten Nachricht: mehr Verpackungen, mehr Lieferverkehr, mehr Retouren. Aber eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Online-Handel im Modebereich eine bessere Klima-Bilanz als der stationäre Handel hat. Das liegt unter anderem daran, dass die Fahrten der Kund:innen in die Innenstädte und zu den Einkaufszentren wegfallen. Eine Studie von Mistra Future Fashion geht davon aus, dass 50% der Textilkäufer:innen das eigene Auto nutzen, wenn sie in Ladengeschäften einkaufen. Und laut einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman und der Logistics Advisory Experts GmbH (im Auftrag von Amazon) legen deutsche Konsument:innen durchschnittlich 15 km für die Fahrt zum Einkaufen zurück, mehrheitlich mit dem Auto. Damit macht der individuelle Transport von Konsument:innen 23% der gesamten Klimaauswirkungen eines Kleidungsstücks aus; das ist mehr als der Anteil der Faserproduktion (17% ). Lieferungen im E-Commerce hingegen können anders optimiert und verkehrseffizienter gestaltet werden als Transporte von Einzelpersonen. Auch der Energieaufwand für den Betrieb großer Ladenflächen (Beleuchtung, Beheizung, Strom) wird durch E-Commerce eingespart. Wenn allerdings zu viele Bestellungen zurückgeschickt werden, verschlechtert das die Klimabilanz des Online-Handels.
„Solution“ – momox fashion als Teil der Lösung
Wenn wir die natürlichen Ressourcen der Erde nicht unwiederbringlich verbrauchen und unseren Heimatplaneten nicht unbewohnbar machen wollen, ist eine schrittweise Abkehr von der linearen, verbrauchenden Wirtschaftsweise unerlässlich. Wir müssen mit dem, was wir der Natur entnehmen, möglichst verantwortungsvoll umgehen, es möglichst lange nutzen und, soweit möglich, die verwendeten Materialien nach dem Ende der Nutzungsdauer eines Produkts erneut verwerten. Die Herausforderungen sind groß, aber die Modeindustrie steht ihnen nicht machtlos gegenüber. Es gibt zwar keine einzelne, allumfassende Lösung, aber viele vielversprechende Ansätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette, deren Kombination es ermöglichen wird, die Nachhaltigkeit der Branche merklich zu steigern:
• Rohstoffgewinnung. Verbesserung der Bedingungen der Rohstoffgewinnung, zum Beispiel Anbau von Baumwolle nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus, also ohne Verwendung chemischer Pestizide und Düngemittel
• Verarbeitung. Verbesserung der Bedingungen, unter denen Rohstoffe verarbeitet und Textilien hergestellt werden, zum Beispiel durch faire Bezahlung und besseren Schutz der Arbeiter:innen vor gefährlichen Chemikalien
• Transport. Verkürzung der Transportwege von Rohstoffen, Zwischenprodukten und fertigen Textilien durch die Entflechtung globaler Lieferketten, die Stärkung lokaler Cluster, die Vermeidung unnötiger Transporte und die Nutzung umweltfreundlicher Transportarten
• Lebensdauer. Verlängerung der Nutzungsdauer einmal hergestellter Textilien – zum Beispiel durch die bewusste Pflege, Ausbesserung beschädigter Kleidungsstücke, Vermietung, Spenden und nicht zuletzt durch Ankauf und Wiederverkauf gut erhaltener gebrauchter Kleidung durch Anbieter wie momox fashion
• Nutzung. Verminderung der schädlichen Auswirkungen der Nutzung von Textilien, zum Beispiel durch selteneres Waschen, die Verwendung umweltverträglicher Waschmittel, den Einsatz wassersparender Waschmaschinen, und die Vermeidung chemischer Reinigung
• Recycling. Erhöhung der Recyclingquote gebrauchter Kleidung bzw. der Materialien, aus denen die Kleidung besteht.
Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“)
Wenngleich die Textilindustrie von der Vision eines geschlossenen Kreislaufs (siehe Kasten „Make Fashion Circular“) noch weit entfernt ist, gibt es in allen genannten Bereichen der Wertschöpfungskette ernsthafte Bemühungen und teils erfreuliche Fortschritte. Ein Beispiel ist das Thema Recycling. Derzeit stellt die Wiederverwertung von Textilien die Industrie noch vor große Herausforderungen. Der Materialmix vieler Kleidungsstücke macht es schwierig, die einzelnen Komponenten mit vertretbarem Aufwand mittels mechanischer Verfahren voneinander zu trennen und zu neuer Kleidung zu verarbeiten. Auch beim Recycling der getrennten Komponenten gibt es technische Schwierigkeiten. Paul Doertenbach, Managing Director von I:Collect, sagt: “Im mechanischen Recyclingprozess wird die Baumwollfaser, die zurückgewonnen werden kann, durch jedes Mal recyceln kürzer.” Deshalb kommt es derzeit häufig noch zum sogenannten Downcycling. Dabei werden Textilien zerkleinert und zu Dämmmaterial oder Putzlappen weiterverarbeitet. Seit einigen Jahren mehren sich allerdings die Bemühungen der Forschung um die Entwicklung neuer, teils chemischer Verfahren für das Recycling von Kleidung und Fasern. Diese Technologien zielen darauf ab, Mischfasern zu trennen und ein verlustarmes Faser-zu-Faser-Recycling zu ermöglichen. Einige dieser Technologien, zum Beispiel zur Wiederverwertung von Baumwoll- und Polyesterkleidung, sind mittlerweile ausgereift genug, um im großen Stil eingesetzt zu werden. Solche und ähnliche Innovationen könnten die Branche der Kreislaufwirtschaft näher bringen.
Die Vision der Ellen MacArthur Foundation: Make Fashion Circular
2017 rief die Ellen MacArthur Foundation die Circular Fibres Initiative ins Leben. Das Ziel: eine zirkuläre Textilwirtschaft („Make Fashion Circular“). Dabei geht es um die Vermeidung von Abfall und Verschmutzung, die Verlängerung des Gebrauchs von Produkten und Materialien sowie um die Regeneration natürlicher Systeme. Aus diesen Prinzipien haben die Expert:innen der Foundation eine dreiteilige Vision für die Modeindustrie abgeleitet:
• USED MORE, also eine Intensivierung der Nutzung einmal hergestellter Produkte, z.B. durch Wiederverkauf. Dabei steht die Entkopplung von wirtschaftlicher Wertschöpfung und Ressourcenverbrauch im Vordergrund. Wer zum Beispiel mit gebrauchter Kleidung handelt, verdient Geld, ohne Rohstoffe zu verbrauchen.
• MADE TO BE MADE AGAIN, also eine Erleichterung der Wiederverwertung einmal hergestellter Produkte. Dabei geht es darum, Produkte konsequent so zu gestalten und herzustellen, dass sie mit möglichst geringem Aufwand zerlegt, wiederverwendet, recycelt oder sicher kompostiert werden können.
• MADE FROM SAVED AND RECYCLED OR RENEWABLE INPUTS, also eine Erhöhung des Anteils wiederverwerteter und wiederverwertbarer Materialien bei der Herstellung neuer Textilien, um den Verbrauch von Ressourcen zu minimieren.
“Alle Stakeholder der Mode-Wertschöpfungskette haben eine Rolle dabei, die Revolution der Kreislaufwirtschaft voranzutreiben - wir erwarten, dass dies die nächste Disruption sein wird, und es liegt an den einzelnen Marken, Herstellern, Aggregatoren und Marktplätzen, die Chance vor anderen zu nutzen."
- Libbi Lee und Karl-Hendrik Magnus in The State of Fashion 2021, (S. 65)
Eine Steigerung der Recyclingquote ist zwar erstrebenswert, aber bevor ein Kleidungsstück der Wiederverwertung zugeführt wird, sollte es möglichst lange genutzt werden. Dafür machen sich nicht nur die Ellen MacArthur Foundation („used more“) und Zero-Waste-Pionier:innen wie Bea Johnson, sondern auch die EU mit ihrer Abfallhierarchie stark. Je länger ein Kleidungsstück getragen wird, desto günstiger fällt seine Klima- und Ökobilanz aus. Eine Untersuchung von Mistra Future Fashion kommt zu dem Ergebnis, dass die Verlängerung der Nutzungsdauer eines Kleidungsstücks um den Faktor drei die negativen Auswirkungen halbiert, die bei jedem Tragen des Kleidungsstücks verursacht werden. CO₂-Ausstoß und Wasserverbrauch können dabei um je rund zwei Drittel reduziert werden. Aber die Textilbranche lebt auch vom Wandel der Mode, und nicht nur Kinder wachsen nach einer Weile aus ihrer Kleidung heraus. Zudem werden manche Textilien nur für einen bestimmten Anlass angeschafft – ein Fest etwa, eine besondere Veranstaltung oder eine Reise. Oft sind gebrauchte Kleidungsstücke aber so gut erhalten, dass sie weiterhin getragen werden können. Der Handel mit Second-Hand-Kleidung ist deshalb einer der wichtigsten Hebel zur Steigerung der Nachhaltigkeit in der Textilbranche, und das Interesse der Verbraucher:innen ist da. Ole Schneikart, CEO des Textil-Großhändlers F&P Stock Solution, sagt: “Das scheint irgendwo im Trend zu sein, thrift stores in der westlichen Welt. Das ist nicht massentauglich, aber vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung.“ Online-Plattformen haben dabei das Potenzial, den Thrifting-Trend in eine Massenbewegung zu verwandeln. Carry Somers, Gründerin von Fashion Revolution, sagte im Interview mit der online Plattform Mochni (2018): “Die Nachfrage von Verbraucher:innen kann die Art, wie die Modeindustrie funktioniert, revolutionieren.“
Die fünfteilige Abfallhierarchie der EU betrifft weite Teile der Kleidungsindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Darstellung basiert auf Angaben des Umweltbundesamts, Zero Waste Europe und der Konsument:innen Plattform Wohin damit.
Wunderwaffe Wiederverkauf („Resale“)
Laut einer momox Umfrage in Deutschland ersetzt der Kauf eines gebrauchten Kleidungsstücks in 60% der Fälle eine Neuanschaffung („replacement rate“); Umfragen in anderen europäischen Ländern kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Ermittlung der „replacement rate“ ist zwar keine exakte Wissenschaft, weil sie auf den Selbstauskünften von Verbraucher:innen beruht, aber am Beitrag des Second-Hand-Handels zur Nachhaltigkeit der Textilindustrie besteht kein Zweifel. “Jedes Teil, das nicht neu produziert werden muss, sondern in den zweiten Zyklus findet, spart natürlich irgendwo Ressourcen“, sagt Ole Schneikart von F&P Stock Solution. Zudem wird gebrauchte Kleidung eher regional gehandelt, während neu produzierte Artikel häufig um den ganzen Globus reisen, bevor sie bei Kund:innen landen. So trägt Second Hand nicht nur dazu bei, die Lebensdauer von Textilien zu verlängern, sondern hilft auch, Transporte mit ihren negativen Folgen für die Umwelt zu reduzieren. Untersuchungen von Mistra Future Fashion und Systain kommen zu dem Ergebnis, dass der Kauf von Second-Hand-Kleidung pro Artikel CO₂-Einsparungen von 1 kg (T-Shirt) bis zu 10 kg (Jacke) mit sich bringt.
CO₂ Einsparungen unserer Hauptkategorien
ca. 10,3kg
ca. 9,1kg
ca. 1,3kg
ca. 5,5kg
ca. 4,2kg
ca. 4,3kg
Diese positive Klimabilanz ist zwar erfreulich, aber sie reicht nicht aus, um die Branche zu revolutionieren. Damit der Handel mit gebrauchter Mode im großen Stil zur Selbstverständlichkeit wird, muss er sich für privatwirtschaftliche Akteure lohnen. Melanie Hackler von I:Collect sagt: “Das ist letztendlich die Herausforderung: Bei aller intrinsischen Motivation und Leidenschaft, die wir für das Thema haben, muss es irgendwie auch finanzierbar und wirtschaftlich sein.” Dafür braucht es kritische Masse. Glücklicherweise stößt gebrauchte Kleidung bei immer mehr Textilkäufer:innen auf wachsende Begeisterung. Längst wird Second Hand nicht mehr mit Kellermief, sondern mit Individualität und Authentizität assoziiert. Indie-Ikone Sophie Ellis Bextor hat zum Beispiel gesagt: “Ich interessiere mich sehr für Mode, aber zuweilen fühle ich mich davon auch unter Druck gesetzt. Second Hand gibt mir die Möglichkeit, meinen persönlichen Stil auszudrücken, ohne mich dem Diktat des Handels fügen zu müssen.“ Paul Doertenbach von I:Collect, bestätigt: “Wir erleben seit ein paar Jahren wieder eine Renaissance für Second Hand. Die Nachfrage nach Second Hand und Reuse ist immens hoch.“ Dieser Bewusstseinswandel schlägt sich auch in den Prognosen zur Entwicklung des Resale-Markts wieder. Bis 2025 soll er ein Volumen von 77 Milliarden Dollar erreichen und damit elf Mal so schnell wachsen wie der Bekleidungseinzelhandel und bis 2030 doppelt so groß wie der Fast Fashion Sektor sein.
Die Anzahl von Anbietern für den Wiederverkauf, das Mieten und Leasen von Kleidungsstücken steigt kontinuierlich. Die beiden Second-Hand-Plattformen Poshmark und ThredUp sind kürzlich an die Börse gegangen. Auch die großen Modemarken haben das Potenzial des Wiederverkaufs entdeckt. In anderen Branchen ist es für viele Herstellende längst üblich, auch am Gebrauchtwarenhandel zu partizipieren. In der Automobilindustrie etwa kontrollieren die Herstellenden einen wachsenden Teil dieses Markts, insbesondere im gehobenen Segment; mit Versprechen wie „certified pre-owned“ oder „used and approved“ und speziellen Garantiepaketen versuchen sie, die Gebrauchtwagenkäufer:innen an sich zu binden. Eine ähnliche Entwicklung gibt es im Bereich hochwertiger Uhren. Zu den prominentesten Beispielen in der Modeindustrie zählen Gucci, wo man eine Partnerschaft mit The RealReal eingegangen ist, sowie COS und Levi's, die jeweils eine eigene Resale-Plattform ins Leben gerufen haben. Zuletzt machte LVMH mit dem Start der hauseigenen Online-Resale-Plattform „Nona Source“ für luxuriöse Mode und Lederwaren von sich reden; man wolle damit die Kreislaufwirtschaft unterstützen und beschränke sich deswegen einstweilen bewusst auf den europäischen Markt, um allzu weite Lieferwege vom Lager in Frankreich zu den Käufer:innen zu vermeiden. In Deutschland gehört momox fashion (vormals ubup, aktiv seit 2014) zu den Pionier:innen des Handels mit gebrauchter Kleidung.
Exklusive momox fashion Umfrage: Der Second-Hand-Markt in Deutschland boomt
In Deutschland gehört momox fashion (vormals ubup) zu den Resale-Pionieren. Seit unserem Markteinstieg 2014 beobachten wir hier ein kontinuierlich wachsendes Interesse der Verbraucher:innen an Second Hand (selbst angegeben). Das belegen zwei aktuelle Online-Umfragen, die wir im Rahmen unserer systematischen Marktbeobachtung durchgeführt und durch die Auswertung der Besuche auf unserer Website angereichert haben. 56% der Deutschen sagten zuletzt, dass sie schon einmal Second-Hand-Kleidung gekauft haben; das waren 3 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr (2020 vs. 2019). 46% geben an, dies auch in Zukunft tun zu wollen. Diese Zahl ist 2020 im Vergleich zu 2019 um 6 Prozentpunkte gestiegen. 67% der Frauen und 49% der Männer in Deutschland haben schon einmal Second Hand eingekauft. Fast jede:r dritte Deutsche kauft mindestens einmal pro Quartal Second-Hand-Kleidung. Der Anteil der Deutschen, die Second-Hand-Kleidung online einkaufen, lag 2020 bei 63%.
Second-Hand-Shopping ist in Deutschland bei allen Alters- und Einkommensgruppen beliebt. Besonders viele Fans hat gebrauchte Kleidung bei Jüngeren und in den unteren Einkommensgruppen. Für das starke Wachstum sind insbesondere Millennials und Gen Z verantwortlich; in dieser Gruppe sind die Second-Hand-Käufe in den letzten zwei Jahren um 45% gestiegen. Wir gehen davon aus, dass insbesondere die Generation Z (Geburtenjahrgänge 1997 und danach) auch in Zukunft den Wandel zu mehr Second Hand anführen wird.
Noch vor wenigen Jahren war der Handel mit gebrauchter Kleidung in Deutschland eine Nische. Bei vielen war der Kauf gebrauchter Kleidung vor allem ein Ausdruck von Sparsamkeit, und die Käufer:innen sprachen teils nur ungern darüber. Jetzt ist es ein Trend, und Konsument:innen machen längst keinen Hehl mehr aus ihrer Vorliebe für Second Hand. Vielmehr reden sie mit Freund:innen offen darüber.
Second-Hand-Shopping ist in Großstädten und auf dem Land gleichermaßen beliebt. Laut einer Auswertung der Besuche auf unserer Website ist momox fashion in Städten besonders populär; rund 30% der Besucher:innen kommen aus den 10 größten deutschen Städten.
Früher wurde gebrauchte Kleidung vor allem gekauft, um Geld zu sparen. Mittlerweile ist Nachhaltigkeit zum Hauptgrund für den Kauf von Second-Hand-Mode geworden. Bei unserer 2020 in Deutschland durchgeführten Umfrage nannten 86% der Teilnehmer:innen die Umwelt als wichtigsten Grund für den Kauf von Second-Hand-Produkten – drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Weitere wichtige Gründe: Der günstige Preis (79%) und die Möglichkeit, Artikel zu finden, die nicht mehr im Handel erhältlich sind (47%). Wer gebrauchte Mode kauft, zeigt damit Verantwortungsbewusstsein und Selbstbestimmung.
Der Blick nach vorn
Als eines der führenden Re-Commerce-Unternehmen in Europa ist momox schon heute Teil der Lösung. Seit der Gründung von momox im Jahr 2004 haben wir mehr als 250 Millionen Artikel an fast 20 Millionen Kund:innen verkauft. Das jüngste Mitglied der Markenfamilie ist momox fashion. Seit 2014 kaufen und verkaufen wir gebrauchte Kleidung, anfangs über unsere Plattform ubup (Used BUt Precious). Seit 2021 firmiert der Handel mit Second-Hand-Mode als momox fashion. Der Modebereich gehört zu den am stärksten wachsenden Segmenten der momox Familie. Wir sind schon heute einer von Deutschlands größten Online Shops für Second-Hand-Kleidung; im nächsten Schritt streben wir die Marktführerschaft in Europa an. Unser Angebot umfasst mittlerweile über 2500 Marken. Seit unserem Start vor sieben Jahren haben wir fast eine Million Kund:innen bedient und über 15 Millionen Artikel bearbeitet. Mit Hilfe unserer Kund:innen konnten wir so zu CO₂-Einsparungen von mehreren zehntausend Tonnen beitragen (Annahme: eine replacement rate von 60%). Ole Schneikart von F&P Stock Solution, sagt: ”Vorreiterfirmen wie momox (...) stellen Alternativen dar, die das [Second Hand] auch salonfähig machen und den Kunden:innen zeigen, dass es gute Deals gibt und es durchaus Sinn macht, Second Hand zu kaufen.”
Aber wir ruhen uns nicht auf unseren Erfolgen aus. Vielmehr verstehen wir unsere Vorreiterrolle und die Begeisterung unserer Kund:innen als Verpflichtung, unsere eigene Geschäftstätigkeit mit Blick auf Nachhaltigkeit weiter zu verbessern, unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen und die gesamte Branche zu verstärkten Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit zu ermuntern.
Bei allen bisherigen Erfolgen hat der tägliche Betrieb unseres Geschäfts auch negative Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Menschen. Wir verbrauchen zum Beispiel Energie für Beleuchtung, Heizung und Server. Wir nutzen Verpackungen, und die Waren, die wir bearbeiten, müssen transportiert werden – von den Verkäufer:innen zu uns, zwischen unseren verschiedenen Standorten, und von uns zu unseren Kund:innen:
2021 beginnen wir damit, die Auswirkung unserer Geschäftstätigkeit anhand von 21 Kennzahlen in den Kategorien Klima & Energie, Wasser & Materialien, Abfall und Soziales & Governance zu verfolgen und im jeweils darauffolgenden Jahr in einem Nachhaltigkeitsbericht offenzulegen. Dieses Prinzip und die nachfolgend genannten Zahlen gelten nicht nur für momox fashion, sondern für momox insgesamt, schließen also den Handel mit Büchern und anderen Medienartikeln ein, wobei in einigen Bereichen (z.B. beim Wasserverbrauch) noch weiterer Recherchebedarf besteht.
Klima & Energie
Energieversorgung
Mit unseren fünf Standorten kommen wir auf insgesamt 85.000 m² Lagerfläche. Wie alle Gebäude verbrauchen diese Energie für Strom und Heizen sowie Wasser. In Verbindung mit unserem Energieverbrauch und den Transporten emittieren wir ca. 3.000 t CO₂, wovon etwa 90% auf den Energieverbrauch entfallen. Im Jahr 2020 haben wir alle Lampen auf LEDs umgestellt und erwarten dadurch Einsparungen von knapp 800 t CO₂. Insgesamt möchten wir an allen Standorten verstärkt auf erneuerbare Energien umsteigen. Außerdem bieten wir an mehreren unserer Standorte einen Shuttle-Service vom nächstgelegenen Bahnhof mit dem momox Bus an, um die Nutzung von Öffis attraktiver als die Anfahrt mit dem eigenen Auto zu machen.
Transporte
Obwohl wir für die Transporte von Waren zwischen unseren Standorten schon jetzt Fahrzeuge mit den saubersten Dieselmotoren (Euro 6) verwenden, sind damit natürlich trotzdem CO₂-Emissionen verbunden. Hinzu kommt die Lieferung bestellter Artikel zu Kund:innen. Leider ist dies ein Effekt, der nicht komplett in unseren Händen liegt, da wir im Logistikbereich auf Dienstleistungen spezialisierter Partner:innen setzen. Trotzdem gehen wir davon aus, dass E-Commerce im Vergleich mit dem traditionellen Einzelhandel geringere schädliche Auswirkungen auf das Klima hat (siehe „Complication“). Der Fußabdruck der Firmenfahrzeuge und der Geschäftsreisen unserer Mitarbeiter:innen ist vermutlich relativ gering, wird aber natürlich ebenfalls erfasst.
Wasser & Materialien
Wasserverbrauch
Dadurch, dass die Kleidungsstücke, mit denen wir handeln, bereits produziert wurden, liegt der negative Effekt der gesamten Lieferkette der Kleidungsherstellung nicht direkt in unserer Verantwortung. Insbesondere der Anbau von Rohmaterialien wie Baumwolle ist sehr wasserintensiv und ist verantwortlich für einen signifikanten Teil des Wasserverbrauchs eines Kleidungsstücks während seiner Lebensdauer. Außerdem verbrauchen wir für die von uns verkauften Artikel auch keine zusätzlichen Rohstoffe. Vielmehr wirken wir an der Einsparung von Wasser mit, weil der Kauf gebrauchter Artikel die Herstellung neuer Artikel und den damit verbundenen Wasserverbrauch reduziert. Wir verwenden aber natürlich an allen Standorten Wasser; dieser Verbrauch wird in die Berechnung der entsprechenden Kennzahlen eingehen. Ähnliches gilt für den Bereich Bücher und Medien. Hier steht allerdings eine genauere Recherche noch aus.
Verpackung
Im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern stellen wir den Verkäufer:innen gebrauchter Artikel keine Versandtaschen für das Aussortieren und Einschicken der Ware zur Verfügung. Denn wir möchten die privaten Verkäufer:innen dazu ermutigen, jene Materialien zu verwenden, die bei ihnen zu Hause bereits vorhanden sind. Gerade nach einem Jahr, das von beispiellosem Wachstum des Online-Handels geprägt war, gibt es mittlerweile wohl in fast jedem Haushalt einen gewissen Vorrat an Kartons und anderen Verpackungsmaterialien.
Um die von Kund:innen bestellten Artikel sicher zu versenden, verwenden wir Verpackungen. Die Versandkartons, die wir benutzen, bestehen schon heute zu 100% aus Recycling-Material. Allerdings verwenden wir im Textilbereich pro Jahr auch mehrere Millionen Tüten aus Kunststoff (LDPE, thermoplastisches Polyethylen) für die Einlagerung der Artikel. Diese Tüten bestehen immerhin zu 40% aus recyceltem Material. Auf solche Tüten können wir leider nicht ohne weiteres verzichten, weil sie maßgeblich für den Schutz der Kleidung während des Transports und der Lagerung sind. In Zukunft wollen wir unsere Verpackungen allerdings noch deutlich umweltfreundlicher gestalten. Daher prüfen wir derzeit andere Materialien auf ihre Eignung für unsere Zwecke und befinden uns aktuell schon mitten in den Tests dafür.
Die Bücher, die wir versenden, kommen schon jetzt ohne zusätzliche Verpackung aus. Sie benötigen neben dem zu 100% aus Recycling-Material bestehenden Versandkarton lediglich einen SKU-Aufkleber. Diese Aufkleber sind nötig, um die Bücher im Lager orten und einer Bestellung zuordnen zu können. Medien wie CDs, DVDs und Spiele bekommen außerdem manchmal eine neue Hülle, falls die alte beschädigt oder verschmutzt ist.
Auch Artikel, die von einem unserer Standorte zu einem anderen transportiert werden, müssen sicher verpackt werden. Früher haben wir hierfür große Pappkartons verwendet, die wir maximal dreimal verwenden konnten, bis sie verschleißbedingt aussortiert werden mussten. Diese Kartons haben wir für den Fashion-Bereich Ende 2019 durch wiederverwendbare Kisten ersetzt. Erstens können diese Kisten zu 100% vom Lieferanten recycelt werden, und zweitens können wir wegen der größeren Stabilität der Kartons nun drei statt bisher zwei Einheiten übereinander stapeln. Das reduziert die Anzahl an Transportfahrten bei gleichbleibendem Warenvolumen um ein Drittel. Auch in den Bereichen Büromaterial und Reinigungsprodukte bemühen wir uns um umweltfreundliche Lösungen.
Abfall
Wir versuchen zwar, so vielen Artikeln wie möglich ein neues Zuhause zu geben, doch leider können wir nicht alle Produkte annehmen, die uns geschickt werden. Zu den häufigsten Mängeln bei Textilien zählen Löcher, Flecken oder abgetragene Stoffe. Außerdem gibt es immer mehr Fast-Fashion-Artikel, die unseren Qualitätsansprüchen nicht genügen. In solchen Fällen können die privaten Verkäufer:innen wählen, ob wir ihnen die Artikel zurückschicken sollen oder diese für sie entsorgen sollen. Alle bei uns verbleibenden Artikel, die sich nicht für den Wiederverkauf über unsere Plattformen medimops (Bücher und Medien) und momox fashion (Mode und Schuhe) eignen, verkaufen wir zu Kilopreisen an Verwertungsunternehmen. Das gilt sowohl für Mode als auch für Bücher und Medien. Die aus dem Verkauf dieser Artikel ggf. entstandenen Erlöse spenden wir an gemeinnützige Organisationen. Unser Recycling-Partner für Kleidung verkauft diese Artikel hauptsächlich an verschiedene Einzelhandelskonzepte, vor allem in Bulgarien, Moldawien, der Ukraine, Kasachstan, Rumänien, Litauen und Tadschikistan. An diesem Punkt geht mit dem Besitz auch die Verantwortung für die weitere Verwertung an den jeweiligen Händler oder Zwischenhändler über. In der Regel werden die Kleidungsstücke aufbereitet und nötigenfalls ausgebessert, bevor sie in Second-Hand-Läden angeboten werden. Artikel, die hier nicht verkauft werden können, werden in der Regel auf lokalen Märkten zu stark ermäßigten Preisen angeboten. Was nach diesen Schritten noch übrig bleibt, wird möglicherweise entsorgt.
Um mehr Transparenz zu schaffen und die Menge jener Textilien, die dem Kreislauf durch Entsorgung entzogen werden, zu reduzieren, haben wir ein Upcycling-Projekt ins Leben gerufen. Unser erstes Pilotprojekt startete Ende 2020 in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Fair-Fashion-Label Bridge & Tunnel. Darüber hinaus spenden wir hin und wieder Kleidungsstücke an die Berliner Stadtmission und an Universitäten. Dort können Mode- und Textilstudierende die Kleidungsstücke für ihre Projekte oder Abschlussarbeiten verwenden.
Soziales & Governance
Während unser Hauptaugenmerk den Umwelt- und Klimaauswirkungen unserer Tätigkeit gilt, nehmen wir zusätzlich dazu auch soziale und Governance-Faktoren noch stärker in den Blick. Dazu zählen die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden, Investitionen in Weiterbildung, die Diversität von Mitarbeitenden sowie Diversität und Durchschnittsalter von Management und Vorstand. Zur Zeit beschäftigt momox mehr als 1.900 Mitarbeitende aus über 60 Ländern. Im August 2020 bestand unsere Belegschaft zu 50% aus Frauen, und 40% der Führungspositionen waren mit Frauen besetzt.
momox als Teil eines Ökosystems
Als Unternehmen werden wir unsere Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit in Zukunft weiter ausdehnen und verstärken. Zuletzt haben wir in unserem Berliner Hauptquartier zum Beispiel eine Reihe von Seminaren veranstaltet, um das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit und das Engagement unserer Belegschaft zu steigern, und am KlimaKarl-Wettbewerb teilgenommen. Gleichzeitig verstehen wir uns nicht als Einzelkämpfenden, sondern als Teil eines wachsenden Ökosystems. Wir sind bestrebt, auch unsere Kund:innen, Partner:innen und Wettbewerber:innen zu verstärktem Engagement für mehr Nachhaltigkeit zu ermuntern und, soweit möglich, zu belohnen. Insbesondere andere Second-Hand-Anbieter verstehen wir nicht als Gegner, sondern als unsere Mitstreitenden bei der Annäherung an das Ideal der Kreislaufwirtschaft. Wenn es uns gelingt, dass einmal hergestellte Kleidung so lange wie möglich getragen wird, ist die Textilindustrie auch für den Planeten tragbar. Wir erinnern deshalb hier bewusst und ausdrücklich an die visionären Worte des Club of Rome von 1970: „Wir haben die Möglichkeit, eine Gesellschaft hervorzubringen, die es uns erlauben wird, für alle Zeiten auf der Erde zu leben. Damit das gelingt, müssen wir uns Grenzen auferlegen und ein globales Gleichgewicht erreichen.“
“Die Modeindustrie hat erheblichen Aufholbedarf um eine nachhaltige Industrie zu werden. Nur systemischer Wandel über alle Elemente der Wertschöpfungskette wird eine erfolgreiche Transformation ermöglichen. Re-sale/Re-commerce, also die mehrfache Nutzung von Kleidungsstücken, leistet einen erheblichen Beitrag in Richtung Nachhaltigkeit. Der Aufsichtsrat und die Eigentümer:innen von momox sind stolz darauf mit dem stark wachsenden Geschäft momox fashion eine steigende Anzahl von Kunden:innen zu nachhaltigerem Modekauf und - erlebnis zu gewinnen. Und wir arbeiten weiter daran, mit zahlreichen Initiativen unseren eigenen negativen Beitrag auf Klima, Umwelt und Menschen kontinuierlich zu reduzieren."
-Thomas Tochtermann, Vorstandsmitglied bei momox
Publication date: 30.06.2021
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